CSD München 2023: Größer und politischer denn je!

520.000 Menschen haben am 24. Juni den Münchner CSD besucht, allein 60.000 davon an der PolitParade teilgenommen. Auf der Straße und den Bühnen der Stadt ging es um den queeren Aktionsplan.

München, 25. Juni 2023 – Sogar Ulrike Scharf war am Ende gekommen. Die bayerische Sozialministerin nahm am Samstagabend Platz auf einem Panel von Landespolitiker*innen zum Queeren Aktionsplan Bayern. Die bayerische Staatsregierung will, so hat sie es angekündigt, noch vor der Sommerpause einen Maßnahmenkatalog für die Gleichstellung und gegen die Diskriminierung von LGBTIQ* im Freistaat umsetzen. Die Community wird hier aber ein Wörtchen mitreden wollen. Doch dazu gleich mehr.

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Der gesamte Münchner CSD hatte sich –zusammen mit 19 anderen CSDs bayernweit – diesem einen Thema verschrieben. „Queerer Aktionsplan Bayern jetzt!“ lautete das Motto 2023. Und das war überall auf den Straßen und Bühnen der Stadt spürbar. Bühnen-Talks, Interviews, Statements im LiveStream des CSD – wohin man auch schaute – die versammelte queere Menge hatte zum Aktionsplan und seinen vielfältigen Aspekten eine Meinung.

Der schwule Enrico W. sprach auf der Hauptbühne darüber, wie sie ihn in Dingolfing nach einem Club-Besuch zusammengeschlagen haben. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung betonte Kristina Wölfel, Moderatorin auf der CSD-Hauptbühne am Marienplatz, wie wichtig es sei, sich auf dem CSD zu zeigen. „Es ist unser Leben, unsere Realität, die bedroht wird, von all dem Hass und den zunehmenden Angriffen.“ Die Diskussion um die Drag-Lesung in einer Filiale der Münchner Stadtbibliothek hatte hier seit Mai einiges an Emotionen aufgewühlt.

Der CSD wächst

Kein Wunder also, dass sich am Samstag um die 60.000 Menschen an der PolitParade beteiligten. 181 Formationen hatten sich angemeldet. Und 460.000, so die Polizei, haben zugeschaut. Macht 520.000 Leute, die den ganzen Tag über den Pride, seine Bühnen-Programme und das Straßenfestival mit der Party Area, dem Regenbogenfamilien-Bereich und den 78 Infoständen besuchten. Im vergangenen Jahr zählten die Veranstalter*innen um die 400.000 Besucher*innen;d 27.000 Menschen waren damals bei der PolitParade mitgelaufen.

Die Politik hat sich den Forderungen des Münchner CSD angeschlossen. Auf den zwei Bühnen sprachen sich Politiker*innen aller Parteien für die Inhalte eines Aktionsplans aus: Die Landesregierung soll unter anderem dazu gebracht werden, endlich queer-spezifische Gewalt- und Diskriminierungszahlen zu erfassen, die Polizei für die Belange queerer Menschen zu sensibilisieren, die lückenhafte Beratungsinfrastruktur gerade auf dem Land auszubauen, Lehrpläne zu überarbeiten, Unterkünfte speziell für LGBTIQ*-Geflüchtete in allen Regierungsbezirken zu schaffen etc.

Die Stadt München geht da mit gutem Beispiel voran. Bürgermeistern Katrin Habenschaden sagte in Vertretung des Schirmherrn Dieter Reiter: „, Zwischen 2010 und 2021 haben sich Delikte gegen queere Menschen versiebenfacht, so die Antwort der Staatsregierung auf eine Anfrage im Landtag. Versiebenfacht! Das ist inakzeptabel und deshalb unterstütze ich im Namen der Münchner Stadtspitze auch nachdrücklich die Forderung nach einem queeren Aktionsplan in Bayern.“

Wenig Konkretes von der Ministerin

Und dann war da eben noch Ulrike Scharf, deren Ministerium in der Vergangenheit nicht immer mit Expertise über queere Lebensrealitäten glänzte. Ihre Behörde arbeite, wie sie auf der Community-Bühne in der Kaufingerstraße ankündigte, bereits an einem Aktionsplan. Schon im Juli solle ein runder Tisch stattfinden. Finanziert würden die Maßnahmen mit etwa 700.000 Euro.

Konkreter wurde sie nicht. Auch blieb die Frage offen, inwieweit die Community mit ihrem Wissen in die Erarbeitung eines solchen Aktionsplans eingebunden wird. Dafür findet am 8./9. September eine Konferenz aller Stakeholder der bayerischen LGBTIQ*-Community statt, zu der der LSVD Bayern lädt.

Die Community dürfe hier auf keinen Fall außen vor gelassen werden, betont CSD-Sprecherin Julia Bomsdorf. Auch die Finanzierung sehen viele kritisch. Allein München gibt das Vierfache an Mitteln für seine queere Infrastruktur aus. Für einen Flächenstaat wie Bayern dürften 700.000 Euro kaum ausreichen.

Pride is a riot

„Das der CSD so enorm wächst“, sagt CSD-Geschäftsführer Alexander Kluge, „zeigt, was für eine wichtige politische Plattform er ist, um queeres Leben sichtbar zu machen. Gerade bei den jungen Menschen. Natürlich geht es darum, Vielfalt zu feiern. Wir müssen sie aber auch jeden Tag verteidigen. Und diese Botschaft haben wir in diesem Jahr wirklich gut rübergebracht. Wir sind mit unserem Kampf um gleiche Rechte und Akzeptanz noch lange nicht am Ende.“

Seit mehr als 40 Jahren demonstrieren LGBTIQ* in München für gleiche Rechte und Akzeptanz. Bei der größten Veranstaltung der Community im süddeutschen Raum, die getragen wird vom lesbisch-queeren Verein LesCommunity, dem Schwulen Kommunikations- und Kulturzentrum Sub, der Münchner Aids-Hilfe, der Wähler*innen-Initiative Rosa Liste und der Jugendorganisation diversity, finden innerhalb einer 16-tägigen PrideWeek mehr als 100 Veranstaltungen (2023) statt. Höhepunkte sind die PolitParade mit zuletzt 520.000 Teilnehmer- und Zuschauer*innen (2023), das zweitägige Straßenfest rund um den Marienplatz und das Party-Event RathausClubbing.

Kontakt:
Conrad Breyer
Pressereferent
00491701859705
conrad@csdmuenchen.de

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